Skip to main content

vH 001 — Die Prahme der Afridis

Blick vom Ufer des Euphrats auf zwei einfache Boote, die jeweils aus zwei rechteckigen Kähnen zusammengefügt sind; das vordere Boot ist ohne und das hintere mit einem hüttenartigen Aufbau als Sonnenschutz versehen. View from the bank of the Euphrat River: Two basic boats, each of them connected by two barges. The boat in the back is furnished with an additional hut-like roof as a means of protection from the sun.
[verso:] Die Prahme der Afridis.
  • Hentig (1918): Meine Diplomatenfahrt ins verschlossene Land, S. 36-37: „[…] Zum Transport unseres Gepäcks hätten wir zum mindesten hundertfünfzig Tiere, für Wacht- und Treiberpersonal wie für das Futter weitere hundert Tiere gebraucht. Die Kosten hätten sich auf annähernd zehntausend Mark belaufen. Statt dessen schaffte es der Euphrat auf drei kleinen Booten in weniger als einem Drittel der Zeit und für etwa ein Zehntel der Kosten von den Bergen Armeniens bis zur alten Kalifenstadt Bagdad hinunter. Den Bau der Boote hatte ich selbst überwacht. Sie waren aus rohen Brettern leicht zusammengefügte, flache, kleine Prähme, deren offenstehende Ritzen in ununterbrochenem Geklopfe mit Werg und Lumpen ausgefüllt und schliesslich mit Teer überstrichen waren. Für uns selbst hatte ich über zwei Boote kleine, rohe Hütten zimmern lassen, die zwar nicht gegen Wind und Wetter, wohl aber gegen die dauernde, aushöhlende Kraft der Tagessonne uns schützen sollten. Zwei dieser Prähme waren stets so zusammengekoppelt, dass die einseitigen Dächer der auf ihnen errichteten Bretterhütten aneinandergeschlossen ein viereckiges Haus mit Giebeldach bildeten. Von einer Haustür stieg man in das Nebenhaus hinein. Platz gab es recht wenig. […] Unsere blinde Schiffsmannschaft – blind wie die meisten Araber am Euphrat, infolge epidemischer Augenkrankheit – ruderte mit bewundernswertem Fleiss täglich hundertzehn Kilometer, von vier Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags. Dann trieb gewöhnlich das Floss, während der heissesten Mittagsstunden nur von dem einäugigen Steuermann gesteuert. Wie leblos fielen dann die blinden Ruderer auf ihren Bänken zusammen und versanken in tiefen Schlaf. Des Nachts wurde Mannschaft und Passagieren eine kurze Nacht- und Dachruhe gegönnt. Nur in mondhellen Nächten lösten wir die Araber für einige Zeit vollständig ab. Zeitweise blieben wir tagelang, ohne Pause, auf dem Strom in Bewegung.“
  • Hentig (1928): Ins verschlossene Land: ein Kampf mit Mensch und Meile, S. 24-26: nahezu gleicher Textabschnitt.
  • Hentig (2003): Von Kabul nach Shanghai, S. 43-44: nahezu gleicher Textabschnitt.
  • Pratap (1925): My German Mission to High Asia, in: Asia Magazine 5/1925, S. 388: „Here [in Jerablus] we stayed two days, waiting for some flatboats, the hasty construction of which Herr von Hentig and Kazim Bey had been superintending farther up the Euphrates. For our luggage, the transport of which had required nearly a hundred pack-animals, three boats sufficed. For ourselves, Herr von Hentig had caused two house-boats to be put together. Each consisted of two barges, coupled side by side, with open square cabins shaded by a flat roof that stretched across both boats. This allowed the free passage of air and left plenty of room for us and our personal belongings, as well as for some primitive tables and seats. The Euphrates was in flood and its broad current carried us down-stream about as fast as a horse could have trotted along the bank. Shortly after daylight the sun shone so hot that we hugged the shadow of our roof and dispensed with most of our clothing. The German gentlemen often dived overbroad for a swim in the rushing river. Every noon we tied up at some convenient place along the bank and sought the nearest black tents of the river Bedouins, to buy from them fresh eggs, sheep’s milk and cheese. […] Thus we floated along day by day.“
  • Pratap (1947): My life story of fiftyfive years, S. 45: a shorter version of the same text.
  • Hentig (1962): Mein Leben - eine Dienstreise, S. 105-106: „In Aleppo gab es ausser der türkischen eine deutsche Etappe, vor allem aber eine Dienststelle der von hier ab nach ihrem Ziel Bagdad benannten Bahn. Wir mussten uns nun entscheiden, ob wir den Weg über Mossul und den Tigris oder den Euphrat benutzen wollten. Die Bahn war aber erst bis Ras ul Ain fertiggestellt. Von da war noch ein erhebliches Stück durch allerdings ebene Wüste zurückzulegen. Wagen würden – das war schon im Hochsommer 1914 der Fall gewesen – dort noch schwerer erhältlich sein als in Anatolien. So beschlossen wir, Schiffe, besser Prähme, zu bauen und die Umladung in Feludja, der Bagdad nächstgelegenen Flussstation, auf uns zu nehmen. Der hohe Schmelzwasserstand im Mai begünstigte eine solche Fahrt. Die freundliche Bahnverwaltung stellte mir einen kleinen, sehr gewandten Armenier, einen Schnellerschüler, Herrn Johannessian zur Verfügung. Mit ihm fuhr ich bis zur Euphratbrücke bei Djerablus und ritt von dort zum Kaimakam von Biredjik, dem der Schiffsbau auch für die türkische Armee übertragen war. Eifrig wurde sofort mit dem Bau – da die Fahrzeuge keinen Kiel hatten, kann ich nicht von Kiellegung sprechen – begonnen. Mit niedrigem Bord wurden sie aus Bohlen zusammengeschlagen, die Ritzen mit Werg verstopft und etwas geteert. Zwei Boote mit den schrägen Dächern aneinandergekoppelt bildeten ein Häuschen. Licht fiel von der Seite und oben durch Luken und Ritzen herein. Den Boden bedeckte ein Bretterrost. Ein dritter, dachloser Prahm war für das grosse Gepäck bestimmt. Auf ihm fuhren die Afridis. Sie hatten Zeltbahnen zum Schutz gegen die Sonne. Nach unserem Vorbild unterstützten oder lösten sie die bis auf den einäugigen Steuermann blinden Ruderer ab. Von 4 Uhr morgens bis 12 Uhr war Ruderzeit, dann liess man bis 16 Uhr die Boote treiben. Danach wurde bis zur Dunkelheit und in hellen Mondnächten noch weitergerudert. […].“
  • Michal (2008): Des Kaisers Heiliger Krieg, in: GEO 11/2008, S. 138: identische Abbildung; Bildunterschrift: „Zügig durchquert Leutnant von Hentig das Osmanische Reich. Am Euphrat lässt er drei Flösse zimmern, auf denen seine Truppe nach Bagdad treiben soll. Er fotografiert selbst – und rettet die Bilder durch die Wirren der Expedition.“
Image No.
vH 001
Collection
Botschafter Werner Otto von Hentig 1915-1917
Series
von Hentig: Serie 1: vH 001-062, Anreise und Rückreise
Format
80/140 mm, auf dickem, beidseitig grau kaschiertem Photokarton 119/158 mm
Quality
passabel, leicht verblasst, einige Flecken
Place, date
Jarabulus, Mai 1915
Descriptors
  • 1.56 Pictures of People
  • 1.65 Travel Books 1915-1945
  • 4.366 Emir Habibullah (1901-1919)
  • 4.416 D Relations with Germany
  • Latitude / Longitude36.793932 / 38.029430
    Google Earth36°47'39" N / 38°01'45" E / 329 m

    You know more about this picture?

    Write to us!